Finanzen & Buchhaltung
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Insolvenzgefahr? Ein Schnelltest mit 6 Punkten!

Insolvenzgefahr

Wie letzten Montag angekündigt hier ein Schnelltest, um die Insolvenzgefahr für das eigene Unternehmen zu prüfen – die vereinfachte multiple Diskriminanzanalyse.

Sie wird auch bei Ratingbeurteilungen gerne als ein Baustein der Unternehmensbewertung eingesetzt.

Was schrecklich kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach ;-)

Wie beim Finanzschnelltest werden Werte aus der Bilanz und der GuV (Gewinn-und-Verlustrechnung) genommen, zueinander in Beziehung gesetzt, gewichtet und bewertet.

Kennzahlen für „Finanzielle Stabilität“ und „Ertragskraft“

Und los geht’s mit der Beurteilung der beiden Bereiche „Finanzielle Stabilität“ und „Ertragskraft“ mit Hilfe von je drei Kennzahlen:

1. Liquidität

Bei der Beurteilung der Liquidität des Unternehmens interessiert für den Schnelltest, ob und wie weit der erzeugte Cash-Flow geeignet ist die Verbindlichkeiten des Unternehmens zu bedienen. Die Liquidität des Unternehmens wir daher anhand folgender Formel beurteilt:

Kennzahl 1: Cash-Flow vor Steuern (CF) / Verbindlichkeiten

2. Finanzierung

Die finanzielle Stabilität wird stark von der Herkunft der zur Finanzierung eingesetzten Mittel bestimmt, daher ist der Anteil der Verbindlichkeiten am Gesamtkapital zur Beurteilung der Insolvenzgefahr interessant. Die Finanzierungsstruktur des Unternehmens wird für den Schnelltest mittels der folgenden Kennzahl bewertet:

Kennzahl 2: Bilanzsumme / Verbindlichkeiten

3. Vermögen

Die Kennzahl 3 zeigt das Verhältnis der Vorräte zur Betriebsleistung. Sie zeigt, ob der Betrieb fürs Lager produziert oder für den Verkauf. Eine zu hohe Vorratshaltung bindet zu viel Kapital und wirkt sich somit ungünstig auf die finanzielle Stabilität des Unternehmens aus.

Kennzahl 3: Vorräte / Betriebsleistung

4. Gesamtkapitalrendite

Die Gesamtkapitalrendite wird berechnet als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit vor Zinsen und Steuern in Relation zum Gesamtkapital. Mit Hilfe dieser Kennzahl wird die Verzinsung des gesamten eingesetzten Kapitals ermittelt. Sie gibt an, wie effizient ein Unternehmen das zur Verfügung stehende Kapital eingesetzt hat.

Kennzahl 4: Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) / Bilanzsumme

5. Umsatzrentabilität

Die Ertragskraft des Unternehmens wird für die multiple Diskriminanzanalyse unter anderem mit Hilfe der Umsatzrentabilität 2 gemessen. Diese Kennzahl zeigt auf, welche Umsatzrendite aufgrund der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erzielt wurde, ermöglicht also eine Aussage über die Gewinnsituation des Unternehmens.

Kennzahl 5: Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) / Betriebsleistung

6. Kapitalumschlag

Ein weiterer Faktor bei der Beurteilung der Ertragslage des Unternehmens ist der Kapitalumschlag. Diese Kennzahl misst, wie häufig das eingesetzte Kapital durch die Betriebsleistung umgeschlagen wurde.

Je höher der Kapitalumschlag ist, umso höher ist die potentielle Rentabilität des Gesamtkapitals, bzw. umso weniger Kapitaleinsatz ist für eine bestimmte Rendite erforderlich.

Kennzahl 6: Betriebsleistung / Bilanzsumme

Wo finden sich die Werte?

Die zur Berechnung der genannten Kennzahlen nötigen Werte kann man ganz einfach in der Bilanz und der GuV (Gewinn-und-Verlustrechnung) nachschlagen bzw. aus diesen errechnen:

Aus der Bilanz:

Eigenkapital (EK) – Fremdkapital (FK) – Gesamtkapital (GK = EK + FK)

Aus der GuV:

Betriebsleistung (BL) – Cash-Flow vor Steuern (CF) – Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT)

Berechnungsformeln:

  • Cash-Flow = Gewinn + Abschreibungen + Rückstellungen (Praktikermethode)
  • Bilanzsumme = Gesamtkapital (vereinfacht)
  • Betriebsleistung = Umsatzerlöse +/- Bestandsveränderungen an Halb- und Fertigfabrikaten bzw. unfertigen Arbeiten + Skontoerträge + sonstige ordentliche Erträge + aktivierte Eigenleistungen
  • Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) = Betriebsergebnis -/+ Finanzergebnis

Die Auswertung

Es werden die sechs Kennzahlen mit Gewichtungsfaktoren auf Basis der folgenden Skala multipliziert. Anschließend werden die Produkte addiert.

Gewichtung der Kennzahlen

Die abschließende Bewertung wird dann mit Hilfe dieser Tabelle vorgenommen:

Bewertung der Diskriminanzfunktion

Je höher der Wert, desto besser. Der Trennwert ist null. Ab +1 kann ein Unternehmen als mittelmäßig, ab +2 als sehr gut klassifiziert werden. Ist der Wert negativ, dann ist das Unternehmen als (insolvenz-)gefährdet einzustufen.

Fazit

Mit Hilfe der sechs Kennzahlen und deren Gewichtung und Bewertung anhand der obigen Tabellen lassen sich schnell und einfach Aussagen zur Insolvenzgefahr in einem Unternehmen treffen.

Regelmäßig angewandt hilft der Schnelltest Probleme rechtzeitig zu erkennen und frühzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Mehr Informationen

Einen Schnelltest zur Finanzsituation im Unternehmen gibt es bei uns natürlich auch.

Mehr Infos findet ihr außerdem in den Kategorien „Insolvenz“ und „Finanzen“. Dort gibt es auch Artikel über einen Insolvenz-QuickCheck und weitere Tests & Formeln zur Insolvenz.

Insolvenzgefahr

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8 Kommentare

  1. Avatar-Foto

    Hallo Heike,
    Kennzahl 3 (Vorräte/ Betriebsleistung) ist doch der Argumentation zufolge umso schlechter, je höher sie ist.
    Müsste diese Kennzahl dann nicht mit einem negativen Multiplikator in die Ermittlung der aggregierten Kennzahl eingehen?
    Alternativ könnte man – wenn dies nicht die Dimensionen verfälscht – ggf. auch den Kehrwert (Betriebsleistung / Vorräte) heranziehen.

    Beste Grüße
    Stefan

    • Heike Lorenz

      Hi Stefan,
      ich habe mich jetzt quer durchs Internet gelesen und überall wird die Formel genau so wie oben beschrieben vorgestellt.
      Ich teile aber deine Ãœberlegung und bin daher leider genauso ratlos wie du…
      Tut mir leid :-(

      Viele Grüße
      Heike

  2. Avatar-Foto

    Hallo Victor,
    ich war zunächst etwas verwirrt über die Fragestellung, weil sie mehrere Fragen in einer enthält, und habe mal ein bisschen quergelesen:
    1. Wenn die KFW einen Zuschuss gewährt, so ist dieser Teil des Gesamtkapitals. Muss er nicht zurück gezahlt werden, so ist er Eigenkapital (mal ganz vereinfacht ausgedrückt, denn da gibt es lange Abhandlungen über die Verbuchung von Zuschüssen & wie diese in der Bilanz auszuweisen sind, je nachdem, ob sie u.U. zurück gezahlt werden müssen, ihre Zahlung an Bedingungen geknüpft ist etc.).
    2. Die Bilanzsumme ist das Gesamtkapital. Auf der Passiv-Seite wird die Kapitalherkunft (Eigen oder Fremd) aufgezeigt, daher ist es egal, ob in der Formel Gesamtkapital oder Bilanzsumme steht.
    3. Zur Ermittlung der Gesamtkapitalrentabilität müssen zum EGT noch die gezahlten Fremdkapitalzinsen addiert werden, denn sie wurden ja auch mit dem eingesetzten Kapital erwirtschaftet und wurden beim EGT als Aufwand abgezogen. Bei der hier genutzten vereinfachten multiplen Diskriminanzanalyse wird aber nur das EGT ins Verhältnis zum GK bzw. der Bilanzsumme gesetzt..
    Fazit: egal ob GK oder Bilanzsumme, beides ist richtig.

    Gruß
    Heike

  3. Avatar-Foto

    Hallo Victor,
    Danke für deine Frage, da muss ich erst mal drüber nachdenken, OK?
    Ich melde mich mit einer Antwort + bis dahin sonniges Wochenende
    Heike

  4. Avatar-Foto
    victor sagt

    zur gesamtkapitalrentabilität:
    wenn ich auf der passiv-seite neben ek und fk auch zB kfw-zuschüsse finde, gehören die mit zum gesamtkapital oder ist unter gesamtkapital ganz strikt nur die summe aus ek+fk zusammen zu fassen? sollten alle mittelherkünfte in die berechnung einfließen, könnte man ja auch einfacher schreiben, dass das EGT vor steuern und zinsen ins verhältnis zur bilanzsumme (statt gesamtkapital) gesetzt werden soll. wie ist es nun richtig?

    danke,
    victor

    • Avatar-Foto
      A.Ch. sagt

      Um die Frage zu beantworten: Die Gesamtkapitalrendite, auch als Return on Total Capital (ROTC) bezeichnet, bezieht sich normalerweise auf das Verhältnis des EGT vor Steuern und Zinsen zum Gesamtkapital, das die Summe aus Eigenkapital und Fremdkapital ist. KfW-Zuschüsse und ähnliche Posten werden normalerweise nicht zum Gesamtkapital gezählt, es sei denn, sie werden als Eigenkapital betrachtet. In den meisten Fällen würden sie jedoch nicht in die Berechnung der Gesamtkapitalrendite einfließen.

      Die Berechnung der Gesamtkapitalrendite bezieht sich in der Regel auf die gesamte Kapitalstruktur des Unternehmens, also sowohl auf das Eigenkapital als auch auf das Fremdkapital. Daher wird das EGT vor Steuern und Zinsen ins Verhältnis zum Gesamtkapital gesetzt, um die Rentabilität dieses gesamten Kapitals darzustellen.

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gesamtkapitalrendite in der Regel auf die Summe aus Eigenkapital und Fremdkapital abzielt, und KfW-Zuschüsse und ähnliche Posten normalerweise nicht zum Gesamtkapital gezählt werden. Die Berechnung erfolgt, um die Rentabilität des gesamten eingesetzten Kapitals zu messen, unabhängig von den verschiedenen Quellen der Finanzierung.

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